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NKR: OZG-Änderungsgesetz gibt neue Impulse, reicht aber nicht für eine Trendumkehr

Schwerpunktthema: OZG-Änderungsgesetz

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes sowie weiterer Vorschriften zur Digitalisierung der Verwaltung beschlossen. Aus Sicht des Nationalen Normenkontrollrats (NKR) enthält dieser positive Ansätze, um der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland neue Impulse zu geben. Für die erhoffte Trendumkehr reichen die geplanten Maßnahmen allerdings nicht aus.

2023

Hier ist das farbige Logo des OZG (Onlinezugangsgesetz) zu sehen.

Lutz Goebel, Vorsitzender des NKR:

„Das weiterentwickelte OZG macht die Welt besser, zumindest in einigen Bereichen. Ausdrücklich zu begrüßen sind folgende Maßnahmen:

  • Volldigitalisierung von Verwaltungsleistungen des Bundes sowie von Verwaltungsleistungen aller Ebenen für Unternehmen innerhalb von fünf Jahren
  • Festlegung auf ein deutschlandweit einheitliches Bürger- und Organisationskonto mit erweitertem Funktionsumfang
  • Verpflichtung der Länder, den Anschluss der Kommunen an den Portalverbund sicherzustellen
  • zentrale Veröffentlichung relevanter Standards und Schnittstellen durch das BMI
  • Once-Only-Generalklausel, wonach Personen während einer Antragstellung entscheiden können, dass Behörden benötigte Nachweise bei anderen Behörden abrufen dürfen
  • Definition eines umfassenden Schriftformersatzes
  • Klarstellung, dass die Datenschutzbehörde des Landes zuständig ist, das Software für andere Länder bereitstellt

Gegenüber den ersten Versionen hat der vorliegende Gesetzentwurf an Substanz zugelegt. Gleichwohl wird der ersehnte Durchbruch in Sachen digitaler Verwaltung mit dem neuen OZG nicht erreicht werden können. Damit bleibt das OZG 2.0 hinter den Erwartungen des NKR, aber auch vieler Verbände und der breiten Fach-Community zurück. Als Vorsitzender des NKR kann ich nur eindringlich an Bundesregierung und Bundestag appellieren, beim OZG noch ein oder zwei Schippen oben drauf zu legen.

In seinem Positionspapier vom 9. Februar 2023 hatte der NKR Empfehlungen ausgesprochen, von denen wesentliche Punkte bisher nicht aufgegriffen worden sind:

  • Die geplante Ende-zu-Ende-Digitalisierung von häufig nachgefragten Verwaltungsleistungen des Bundes innerhalb von fünf Jahren geht nicht weit genug, da die Länder und Kommunen nicht ausdrücklich dazu verpflichtet werden.
  • Der Umsetzungsdruck wird durch den Gesetzentwurf nicht erhöht. Zwar wurden nach Streichung der alten Frist in Teilen neue Umsetzungsfristen geschaffen, z. B. für die Ende-zu-Ende-Digitalisierung der Verwaltungsleistungen des Bundes und für das Digital-Only-Angebot für Unternehmen. Einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen, wie ihn der NKR gefordert hatte, sieht der Gesetzentwurf jedoch ausdrücklich nicht vor.
  • Es mangelt weiterhin an einem klaren gesetzlichen Auftrag, was durch Bund, Länder und Kommunen bis wann zu realisieren ist. Das betrifft auch das aus Sicht des NKR gescheiterte „Einer-für-Alle“ (EfA)-Prinzip in Bezug auf die Erstellung von Software-Produkten. Der NKR empfiehlt dringend, das Augenmerk auf EfA-Standards und EfA-Basiskomponenten zu legen. Hierfür ist die FITKO zu einer leistungsfähigen Standardisierungsorganisation zu ertüchtigen und eine rechtliche Grundlage für einen App-Store zu schaffen.

Ins Gesetz aufgenommen wurde, was im Vorfeld zwischen Bund und Ländern schon so gut wie Konsens war. Den wirklich entscheidenden Fragen, wie sie der NKR und andere immer wieder gestellt haben, weicht der Gesetzentwurf aber weiterhin aus:

  • Auf Grundlage welcher architektonischen Gesamtstrategie sollen zentrale und dezentrale Basiskomponenten, Onlinezugänge, Fachverfahren und Register bereitgestellt werden und zusammenwirken (Plattformstrategie und Gesamtarchitektur)?
  • Wie sollen die dafür notwendigen Standards und Schnittstellen zügig definiert und verbindlich vorgegeben werden (Standardisierungsregime)?
  • Welche Voraussetzungen müssen dafür durch wen und bis wann geschaffen werden (Meilensteinplanung)?
  • Wie müssen Kompetenzen und Ressourcen im Gefüge von Bund, Ländern und Kommunen so organisiert werden, dass schnell und verbindlich entschieden und gehandelt werden kann (Governance, IT-Budget, FITKO-Stärkung)?
  • Wie kann die deutschlandweite Verbreitung guter Softwarelösungen (Flächendeckung) radikal vereinfacht werden, ohne Wettbewerb und Innovationskraft zu verlieren (App-Store, Vergaberecht)?
  • Wie können Umsetzungsdruck und Verbindlichkeit des OZG weiter erhöht werden (genauere Fristen, Rechtsanspruch, transparentes Berichtswesen)?

Am Ende fehlte es der Regierung an Zeit und Konsequenz, sich über diese wesentlichen Fragen klar zu werden und dafür gesetzliche Regelungen zu treffen. Die Regierung hätte das OZG 2.0 viel früher und viel ehrgeiziger angehen und die Erfahrungen der letzten fünf Jahre systematisch aufarbeiten müssen. Eine Evaluierung des ersten OZG liegt bis heute nicht vor.

Dieser Lücken im Gesetzentwurf scheint sich die Regierung grundsätzlich bewusst zu sein. Deshalb hat sie ein Begleitpapier zum Gesetzentwurf beschlossen, das die Ankündigung weiterer Maßnahmen enthält, die sich in Teilen auch an Vorschlägen des NKR orientieren. Positiv hervorzuheben ist, dass

  • 15 priorisierte OZG-Leistungen bis 2024 flächendeckend Ende-zu-Ende digitalisiert werden sollen.
  • ein zentrales Budget beim IT-Planungsrat zur Finanzierung der Entwicklung und Weiterentwicklung kostenloser Onlinedienste für Kommunen eingerichtet werden soll.
  • geprüft werden soll, welche weiteren IT-Komponenten zentral bereitgestellt werden müssen.
  • eine Standardisierungsagenda aufgesetzt werden soll, auf Basis vorhandener Industriestandards.
  • die Einführung eines Rechtsanspruchs geprüft werden soll.
  • Verwaltungsverfahren vor ihrer Digitalisierung gezielt entbürokratisiert werden sollen.
  • geprüft werden soll, wie die „Dresdner Forderungen“ konkretisiert und Verwaltungsleistungen stärker gebündelt werden können.

Diese Maßnahmen dürfen keine bloßen Absichtserklärungen bleiben. Ihre stärkere gesetzliche Absicherung würde mehr Verbindlichkeit ermöglichen. Sollte hierfür eine Änderung des Grundgesetzes nötig werden, sollte die Regierung davor nicht zurückschrecken.“

Das NKR-Positionspapier vom 9. Februar 2023 können Sie hier einsehen.