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Empfehlungen für einen wirksameren Bürokratieabbau auf EU-Ebene

Schwerpunktthema: NKR-Reise nach Brüssel

Brüssel-Reise
Quelle: Pixabay

Ob Datenschutz-Grundverordnung, EU-Lieferkettengesetz oder KI-Verordnung: Viele wichtige Weichen werden auf EU-Ebene gestellt. Dabei ist der Rechtsetzungsprozess mit seinen unterschiedlichen Gesetzgebungsorganen und den Interessen aus 27 Mitgliedstaaten hochkomplex. Erzielte Kompromisse werden oft als viel zu bürokratisch bewertet. Im Oktober 2023 hat der NKR in Brüssel mit Stakeholdern über Ideen für eine bürokratieärmere Gesetzgebung gesprochen und daraus Empfehlungen für die Bundesregierung entwickelt.

Die „Bürokratie aus Brüssel“ ist in den letzten Jahren weiter gewachsen. Das, was bisher nur als lästiger Aufwand gesehen wurde, ist zu einem Risikofaktor für die Wettbewerbsfähigkeit Europas geworden. Die Bundesregierung hat das erkannt und fordert in einem gemeinsamen Papier mit Frankreich die EU-Kommission dazu auf, die bürokratischen Lasten für Unternehmen deutlich zu reduzieren (siehe hier). Der NKR hat diese Initiative aufgenommen und in Brüssel mit den wichtigsten europäischen Institutionen über bestehende und neue Instrumente zum Bürokratieabbau gesprochen. Insbesondere die EU-Kommission hat in den letzten 20 Jahren Entlastungsmaßnahmen eingeführt. Diese reichen von ausführlichen Gesetzesfolgenabschätzungen „Impact Assessments“ (siehe hier), zu ex-post Evaluierungen, Beteiligungsplattformen, einem Kontrollgremium „Regulatory Scrutiny Board“ (siehe hier) oder vor nicht allzu langer Zeit auch einem „One in one out“ System. Dennoch wächst die Unzufriedenheit bei den Unternehmen und der Bevölkerung weiter. Die EU-Kommission plant deshalb, die Kosten aus Berichtspflichten um 25 Prozent zu senken. Erste konkrete Ideen hat sie in ihrem Arbeitsprogramms 2024 angekündigt (siehe hier).

Auch im Gesetzgebungsprozess des EU-Parlaments und im EU-Rat gibt es großes Verbesserungspotenzial. Denn die Gesetze und Vorschriften, die am Ende für deutsche Unternehmen und die Bevölkerung gelten, weichen oft deutlich von den ursprünglichen Vorschlägen der Kommission ab. Das liegt an den Änderungen, die bei den Verhandlungen mit dem EU-Parlament und dem EU-Rat vorgenommen werden. Leider spielt die Begrenzung der bürokratischen Belastung im s.g. Trilogverfahren (siehe hier) oft nur eine untergeordnete Rolle.

Das EU-Parlament verfügt mittlerweile über eine Arbeitseinheit, um eigene Folgenabschätzungen durchzuführen. Im EU-Rat hingegen ist man noch weit davon entfernt, die Folgekosten der eigenen Änderungsvorschläge systematisch zu prüfen. Dies muss sich nach Auffassung des NKR ändern. Die Bundesregierung sollte eine entsprechende Initiative starten.

Auf Basis seiner Erkenntnisse hat der NKR konkrete Vorschläge an die Bundesregierung adressiert:

  • Deutschland und Frankreich sollten darauf hinwirken, dass die im Jahr 2016 getroffene „Interinstitutionelle Vereinbarung über Bessere Rechtsetzung“ (siehe hier) tatsächlich umgesetzt wird. Es sollte eine eigene Impact-Assessment-Einheit im EU-Rat installiert werden. Schwerpunkt dieser Einheit sollte es sein, die Änderungsvorschläge des EU-Rates zu bewerten und auf Lücken in den Impact-Assessments der Kommission hinzuweisen.
  • Deutschland und Frankreich sollten in den Verhandlungen innerhalb der EU-Rats-Arbeitsgruppen Bürokratieabbau als wichtiges Thema ansprechen, aktiv und systematisch mit Impact Assessments der Kommission arbeiten und eigene Impact Assessments anfertigen bzw. zumindest die Auswirkungen auf Deutschland und Frankreich beziffern.
  • Die deutsche Verhandlungsposition in Brüssel steht oft erst sehr spät fest, da sich die Koalitionäre in Berlin erst einigen müssen. Dies erschwert die Interessenvertretung in Brüssel und behindert ein effektives Vorgehen gegen vermeidbare Bürokratietreiber. Die deutsche Verhandlungsposition sollte daher frühzeitiger koordiniert und festgelegt werden.
  • Um feststellen zu können, welche Belastungen tatsächlich auf EU-Recht zurückzuführen sind, müssen die verbleibenden Transparenzlücken geschlossen werden. Während EU-Richtlinien bei der Umsetzung in nationales Recht geprüft werden, gelten EU-Verordnungen unmittelbar und werden aktuell nicht erfasst. Das deutsche EU-ex-ante Verfahren (sieh hier) sollte sich deshalb verstärkt auf die Folgekosten der EU-Verordnungen konzentrieren.
  • Delegierte Rechtsakte der Kommission (siehe hier) sind in der Praxis ein erheblicher Treiber regulatorischer Belastungen, werden von den Europäischen Mitgliedsstaaten aber nicht ausreichend bzw. ausreichend kritisch geprüft. Im Schulterschluss mit Frankreich sollten delegierte Rechtsakte von Deutschland stärker in den Blick genommen werden.
  • Die Maßnahmen, welche die Bundesregierung von der EU-Kommission erwartet (wie Aussagekräftige Kosten-Nutzen-Vergleiche oder systematische ex-post-Evaluierungen und Praxis-Checks), sollten auch in Deutschland angewendet werden. In weiteren Bereichen wie Beteiligungsplattformen oder Problemdefinitionen und Alternativenabwägung im Rahmen der Folgenabschätzung kann die Bundesregierung von der EU-Kommission lernen.

Weitere Informationen rund um die Arbeit des NKR auf EU-Ebene können Sie auf unserer Webseite hier einsehen.